Die Personaldienstleistung ist ein Geschäft, das sich aufgrund der ausgeprägten Personenbezogenheit und wegen teilweise sehr unterschiedlichen Marktgegebenheiten der jeweiligen Standorte strategisch nicht uneingeschränkt „von oben“ steuern lässt. Eine Strategie, die an einem Standort fruchtet, muss nicht zwangsläufig auch in den anderen Niederlassungen funktionieren.

Dieser Beitrag richtet sich an Personal- & Vertriebsdisponenten sowie an Standortverantwortliche, die mit der Situation konfrontiert sind, Wachstum „aus eigener Kraft“ generieren zu wollen. Es geht uns dabei um genau jenen Grad strategischer Freiheit, die sich auf Basis einer einzelnen Niederlassung operativ umsetzen lässt.

Die typischen Stolpersteine

Das wichtigste Kapital in einem Dienstleistungsunternehmen ist zweifelsfrei die sinnvoll eingesetzte Zeit der Akteure. So steckt in der Zeit, die wir in einen Auftrag mit höchst ungewisser Besetzungswahrscheinlichkeit investieren ein erhebliches Risiko. Erfolgreich sind Standorte nur dann, wenn sie eine Relevanz als lokaler Player am Mark erreichen. Ob dies gelingt oder nicht, liegt zunächst an der strategischen Ausrichtung und an dem Grad der Spezialisierung.

Bei einer typischen Personaldienstleitung zeigt sich im Laufe der Zeit häufig das Bild eines „Spezialisierungs-Trichters“ (siehe Grafik rechts).

Die Niederlassung rekrutiert zunächst sehr breit in mehrere Richtungen, um sich dann im Laufe ihrer Entwicklung auf ganz bestimmte Märkte, Qualifikationen oder Branchen zu fokussieren. Das liegt zum einen an einem wachsendem Branchen-Know-How („Ich spreche die Sprache meiner Kandidaten & Kunden“), zum anderen an den persönlichen Beziehungen zu Kunden, die im Laufe der Zeit an Vertrauen, an Verbindlichkeit und damit an Exklusivität gewinnen.

Solch eine Entwicklung verläuft mehr oder minder organisch. Sie ist mit entsprechendem Lehrgeld verbunden und führt nicht zwangsläufig zu einer höheren Relevanz am Markt.

Eine „Relevanz am Markt“ könnte etwa ein Dreiklang aus Bekanntheit, Einzigartigkeit und Qualität sein. Bei den allermeisten Unternehmen hat das Marketing nicht das Budget, Bekanntheit zu erzeugen. Es ist, bezüglich der Einzigartigkeit in dieser Branche zudem nicht gerade einfach, die Unternehmen über wirkliche Alleinstellungsmerkmale zu unterscheiden. Eine Spezialisierung auf etwa kaufmännische Berufsfelder, Know-how im medizinischen Sektor oder eine breite Produktpalette gibt es zum Beispiel allerorts- das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Ein echtes USP findet sich eher in der Persönlichkeit und in der Arbeitsweise der Akteure.

Basis einer strategischen Marktbearbeitung

Um die lokale Arbeitsweise einmal im Hinblick auf eine mögliche strategische Ausrichtung zu untersuchen, gehen wir (entliehen aus der Produktionstheorie) von dem in der folgenden Darstellung abgebildeten Dreieck aus.

Sobald die eingesetzten Mittel im Recruiting und im Vertrieb untereinander und mit dem Absatzchancen – also mit dem Markt nicht im Gleichgewicht stehen, laufen uns die Kosten davon, und wir arbeiten buchstäblich ins Leere. Dieses Dreieck muss nicht zwangsläufig so wie in der Darstellung ein gleichschenkliges Dreieck sein. Das Gleichgewicht bezieht sich dabei eher auf die Absatzsituation. So gibt es als extremes Beispiel Niederlassungen, die sich lediglich im Fahrwasser eines einzelnen großen Industrieunternehmens gegründet haben.

Im Folgenden möchten wir uns einmal archetypische Kundenstrukturen anschauen, um diese dann im Sinne einer bewussten Kundensegmentierung zu hinterfragen.

Die gesunde Kundenstruktur

Schon bei dem Aufbau einer Niederlassung stellt sich, wie oben dargestellt, die entscheidende Frage, wie viel Ressourcen in welchen Auftrag und in welchen Kunden investiert werden sollten. Dabei haben wir einmal drei exemplarische Kundensegmente herausgearbeitet. Diese sind wiederum mit jeweils ganz bestimmten Auswirkungen auf die Situation in der Niederlassung verbunden.

Der Rahmenvertragskunde

Eine Niederlassung, die sich im Aufbau befindet, wird meistens nicht von Anfang an in eigene Rahmenverträge einliefern können. Es ist jedoch durchaus üblich, dass ein globaler Rahmenvertrag, der etwa durch das Key Account Management der Zentrale geschlossen wurde durch jede einzelne Niederlassung „mit Leben gefüllt“ werden kann. Rahmenverträge bieten interessante Möglichkeiten, bergen allerdings auch erhebliche Risiken. Wesentlich für die Entscheidung, welche Rahmenverträge wie bedient werden sollten, ist in jedem Fall der intensive Austausch mit dem Key Account Management und mit den anderen einliefernden Niederlassungen. Die Möglichkeiten sich mit dem „Hiring-Manager“ selbst auszutauschen sind meistens gering, da die Zusammenarbeit häufig formalen Richtlinien unterliegt.

Der Erfolg in der Zusammenarbeit mit Rahmenvertragskunden steht und fällt dann oftmals ausschließlich mit der Qualität des Recruitings und vor allem mit der Aufbereitung der Qualifikationsprofile. Rahmenverträge müssen jedoch nicht zwangsläufig nur mit „DAX-Konzernen“ unter schlechten Konditionen geschlossen werden. Es ist durchaus denkbar, einen verlässlichen Bestandskunden zum Schutze der Auftragsexklusivität und auf Kosten der Margen zu einem Rahmenvertragskunden zu entwickeln. Eine Niederlassung, die sich im Wesentlichen auf Rahmenvertragskunden aufbaut, unterliegt einer sehr geringen Risikostreuung. Ein Wechsel seitens der Ansprechpartner oder geänderte Marktsituation kann dabei im schlimmsten Fall zum Totalausfall führen. Die Margen sind zudem häufig so gering, dass ein erhöhter Krankenstand, eine unerwartet hohe (externe) Fluktuation oder eine schlechte Disponierbarkeit der Mitarbeiter zu gravierenden Einbußen führen kann. Wenn einen Niederlassung ausschließlich mit der Belieferung von Rahmenvertragskunden befasst ist, wird sie zudem keinen Kompetenz im Vertrieb aufbauen. Dieser Umstand erhöht die Abhängigkeit zusätzlich, und unterbindet ein agiles „wirtschaften“ im Sinne einer Disponierbarkeit der externen Ressourcen.

Der Einzelkunde

Wer eine Niederlassung an einem neuen Standort eröffnet, wer eine „niedergehende“ Niederlassung übernimmt oder aus sonstigen Gründen keine bestehende Kundenstruktur hat, wird zwangsläufig zunächst mit Einzelkunden arbeiten. Das „matching“ von Netzwerk-Profilen mit passenden Vakanzen, wie es zum Beispiel in der Kombination mit zusammenpassenden Suchaufträgen bei „Anzeigendaten.de“ und bei „Xing“ ganz einfach ausgespielt werden kann, ist ein probates Mittel schnelles Wachstum zu generieren. Das interessante dabei ist, inwieweit sich welche Einzelkunden in welche Richtung entwickeln und skalieren lassen.

Die Dominanz der Einzelkunden darf sich in keinem Fall als Dauerzustand etablieren. Im Aufbau einer Niederlassung ist diese Situation fast unumgänglich, es sollte jedoch darauf geachtet werden, den Einzelkunden sobald als möglich in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Wenn dem nicht so ist, lässt sich keine Relevanz am Markt erreichen. Die Niederlassung ist dann völlig vertriebsdominiert, und ein Aufbau wirklicher Expertise ist kaum möglich. Ein Ausfallrisiko bedeutender Kunden ist bei dieser „Einzelfertigung“ zwar nicht vorhanden, ein Wachstum wird dann allerdings zum „Abnutzungskampf“ der internen und externen Belegschaft.

Der Ankerkunde

Der Kunde, der sich oftmals aus der konsequenten Entwicklung eines Einzelkunden aufbauen lässt, der bei einer vakanten Stelle als erstes an uns denkt, dessen Türen uns immer offen stehen und dessen Wertschätzung uns zu Höchstleistungen animiert, möchte ich hier gerne einmal als „Ankerkunden“ bezeichnen. Von ihm erhalten wir Markt-Insides, Branchenwissen und schließlich verlässliche Deckungsbeiträge.

Der gesunde Mix

Ein gesunder Mix aus den hier dargestellten Kundentypen ermöglicht es uns dem Nukleus des Wachstums, nämlich der Relevanz am Markt, näher zu kommen. „Ich kann mir meine Kunden nicht aussuchen“, könnte man dem berechtigterweise entgegenhalten. Aber, ich kann mir bei jedem einzelnem Deal und bei jedem Gespräch, dass ich mit einem Kunden führe darüber Gedanken machen, in welche Richtung sich dieses gerade bewegt.

Economy of Scope

„Economy of Scope“ – oder auch Verbundeffekte können, entgegen der „Economy of Scale“- auf Deutsch Größeneffekte, als jener Wettbewerbsvorteil verortet werden, der sich durch eine intelligente Verzahnung der eingesetzten Ressourcen ergibt.

In Bezug auf die Personaldienstleistungsbranche können wir solche Verbundeffekte genau dann erreichen, wenn wir uns sowohl im Recruiting als auch im Vertrieb auf bestimmte, möglichst äquivalente Märkte konzentrieren. Es macht zum Beispiel einen Unterschied, ob wir einen Kandidaten bei einem Unternehmen vorstellen oder ob wir dem Kandidaten die Wahl zwischen mehreren Unternehmen lassen können. Es macht einen Unterschied, ob wir bei der Besetzung einer Vakanz auf einen Kandidaten angewiesen sind oder ob wir aufgrund unserer Markdurchdringung dem Kunden eine spannende Auswahl bieten können. Die Chancen erhöhen sich exponentiell zu den eingesetzten Mitteln genau dann, wenn wir bei gleich bleibendem Recruiting-Aufwand zusätzliche Vertriebsoptionen nutzen können.

Eine Spezialisierung auf die Besetzung von IT-Stellen oder auf kaufmännische Vakanzen sichern in einem Markt, in dem diese keine hinreichende Alleinstellungsmerkmale mehr darstellen, keine Relevanz am Markt. Ein Verbundeffekt lässt sich bei einer wesentlich tiefer gehenden Spezialisierung eher erreichen. Um Verbundeffekte nutzen zu können, benötigen wir jedoch nicht zwangsläufig eine fixierte Spezialisierung. Wenn ich mich bei der Annahme eines Auftrags vertrieblich um äquivalente Aufträge bemühe oder wenn ich aus einem bestimmten Kanal einen vielversprechenden Kandidaten generiere, und dort aktiv nach weiteren (äquivalenten) Kandidaten suche, mache ich mir solche Verbundeffekte schon zu nutzen.

Erst durch eine strategische Marktbearbeitung, durch und durch den Kontakt zu den relevanten Akteuren lässt sich der Aufwand bei der Besetzung einer Stelle reduzieren.

Wer sich gerne ein Bild darüber machen möchte, in wieweit sich die Lehrinhalte des digital-recruiter.com mit den Herausforderungen des eigenen Recruitings decken, kann mit uns hier jederzeit und sehr gerne einen Termin für ein Beratungsgespräch ausmachen.

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